Karl Neumann: Glaubenskurs Online21. Glaubensbrief, August 2004:

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Sturm und Feuer

Wie, bitte, stellen Sie sich den Heiligen Geist vor?

STURM auf dem Wasser - ein Zeichen des HEILIGEN GEISTES - Foto von Freefoto.com

Kommt Ihnen dabei der Geist in den Sinn, der nachts in englischen Schlössern spuken soll? Oder dem man auf der Geisterbahn begegnen kann? Natürlich ein bisschen frommer, es ist ja schließlich ein "Heiliger" Geist. Aber etwas Unwirkliches, ja Geisterhaftes haftet für viele dem Wort "Geist" doch an. Im Englischen hat man daher den Namen für den Heiligen Geist verändert. Früher hieß er "Holy Ghost". Das klang nun wirklich nach ghost, nach Gespenst. Darum heißt er seit einigen Jahren nicht mehr "Holy Ghost", sondern "Holy Spirit".

Der Familiengeist

Dieser "Geist" ist also eine falsche Fährte. Um der Sache näher zu kommen, nehmen Sie einmal eine andere Bedeutung von Geist. Man sagt z.B.: "In diesem Jungen ist der Geist seines Vaters lebendig". Will sagen: er hat die gleiche Einstellung, das gleiche Denken wie sein Vater. Oder man sagt: "In dieser Familie herrscht ein guter Geist". Ist es gewagt, wenn ich jetzt sage: "Der Heilige Geist ist der gute Geist Jesu, der in uns, in der Familie Jesu, lebendig sein soll"?

Ich meine also, den Heiligen Geist können wir einmal vorläufig als den Geist Jesu verstehen, als seine Gesinnung, seine Art zu denken und zu lieben. Und diesen Geist überträgt er auf seine Jünger.

Der Atem des Auferstandenen

FEUER - ein Zeichen des HEILIGEN GEISTES - Foto von freefoto.com

Es wird berichtet: Als Jesus auferweckt wurde, zeigte er sich seinen Jüngern. Er begrüßte sie mit den Worten: "Der Friede sei mit euch". Dann sandte er sie aus. Und er hauchte sie an und sprach: "Empfangt den Heiligen Geist". Aus dem Inneren des Auferstandenen kommt der Lebensatem, den wir "Heiliger Geist" nennen. Er macht die Jünger zu lebendigen Menschen. Natürlich hatten sie auch vorher schon gelebt. Aber der Geist gibt ihnen Leben in einer ganz neuen Dimension: Christus selbst ist nun in ihnen lebendig. Und zwar als der Auferstandene. Christus ist in seiner Auferstehung ein neues Geschöpf, der Anfang einer neuen Schöpfung. Und so macht er auch die Jünger zu neuen Geschöpfen, weil der "Atem des Auferstandenen" in ihnen lebt.

Ein bisschen Esoterik

Ist das abgehoben? Ist es schwer zu schlucken? Es mag so scheinen. Gewiss ist der Heilige Geist nicht gerade das, was am Christentum am leichtesten zugänglich ist. Nicht zufällig haben wir zuerst über Gott und Jesus Christus gesprochen, und dann erst über den Geist.
Nicht zufällig hat sich Gott erst als der Vater geoffenbart, dann als der Sohn, und schließlich als der Heilige Geist.
Aber warum beschäftigen sich denn heute so viele mit Esoterik? Weil sie ahnen, dass es mehr gibt als ihren platten Alltag. Weil sie ein verborgenes Geheimnis suchen. Wenn Sie wollen: der Geist ist die Esoterik des Christentums.

Er ist und bleibt der Geheimnisvolle. Er wird nur unter geheimnisvollen Zeichen dargestellt: als Sturm; als Feuer; als Atemhauch; als belebendes Wasser; als Salbung; als Taube. All diese Symbole verraten eine Dynamik: der Geist ist die Dynamik Gottes.

Du bist bewohnt

Doch um uns in den vielen Symbolen nicht zu verlieren, kehren wir zu unserer Schlüsselszene zurück. Christus ist auferstanden. Er weiß, er wird zu seinem Vater zurückkehren, er wird von dieser Erde und von seinen Jüngern fortgehen. Wird er sie nun allein lassen? Wird er nur noch vom Himmel her dem Treiben der Menschen zuschauen? Nein. Er sagt "Ich lasse euch nicht als Waisen zurück. Ich gehe und komme wieder zu euch" (Johannesevangelium 14, 18). Er kommt wieder zu uns, nicht als der irdische Jesus, sondern als der "Jesus in anderer Gestalt", als der Heilige Geist. Der ist der Ersatz für Jesus, aber kein schlechter Ersatz, sondern ein besserer. Jesus konnte nur von außen helfen und lehren, der Heilige Geist kann es von innen. Ihn haucht er den Jüngern ein als das neue Leben. Alle seine Jünger, auch wir, tragen nun das Leben Christi in uns. Jesus Christus wohn in uns, weil sein Geist in uns lebt, und mit ihm wohnt auch Gott der Vater in uns.

"Denke daran, du bist bewohnt", sagt Frère Roger von Taizé. Dein Haus steht nicht öde und verlassen, weil keiner darin wohnt. Es ist keine Ruine, die zum Abbruch bestimmt ist. Nein, in deinem Haus brennt ein Licht, es wohnt jemand darin. Einer, zu dem du "Du" sagen kannst: Gottes Geist, Jesu Geist, der Heilige Geist.

TAUBE - ein Zeichen des HEILIGEN GEISTES

Komm doch, Heiliger Geist!

Die Christen sind nicht einfach Leute, die einen bestimmten Glauben für wahr halten, eine bestimmte Weltanschauung vertreten. Noch weniger Leute, die Kirchensteuer zahlen. Nein, sie sind Leute, in denen der Geist Gottes wohnt wie ein kostbarer Schatz (es sei denn, sie würden ihn selbst aus ihrer inneren Wohnung vertreiben).

Ein Vorschlag: versuchen Sie doch einmal, um diesen kostbaren Schatz zu beten, immer wieder: "Komm, Heiliger Geist, erfülle mein Herz, und entzünde in ihm das Feuer deiner Liebe".

Ihr Karl Neumann
neumann@glaubensinformation.de