Karl Neumann: Glaubenskurs Online18. Glaubensbrief, Mai 2004:

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Das Gottesurteil

Ein Messias, der am Galgen endete, war für die Zeitgenossen Jesu kein Messias. Ein angeblicher Sohn Gottes, den der oberste jüdische Gerichtshof als Verbrecher zum Tode verurteilt hatte, und das im Namen Gottes, war erledigt. Wäre er wirklich Gottes Sohn und Liebling gewesen, dann hätte Gott eingegriffen. Er hätte ihn nicht schmählich am Kreuzesgalgen enden lassen. Denn Gott ist gerecht, er beschützt seine Frommen.

Grabeskirche in Jerusalem - Ort des Todes und der Auferstehung Jesu Christi

Das war also die große Frage: Auf welcher Seite steht Gott? Steht er auf der Seite Jesu? Dafür schien nichts zu sprechen. Oder steht er auf der Seite der Gegner Jesu, auf der Seite der religiösen Autorität? Dafür sprach alles.

Nun, damit könnten wir die Akten über Jesus schließen, und sie wären auch längst geschlossen, wenn da nicht etwas geschehen wäre. Jedenfalls behaupteten seine Jünger, dass es geschehen wäre: Der Gott Israels hat doch eingegriffen. Spät zwar, erst als Jesus schon tot war. Der Gott, den er seinen Vater nannte, er hat ihn nicht vor dem Tode errettet, das ist wahr. Aber er hat ihn aus dem Tode errettet. Er hat ihn von den Toten auferweckt.

 

Wie ein weggeworfener Baustein

Gott, der so lange nicht zu handeln schien, er hat sein Machtwort gesprochen und gezeigt, auf welcher Seite er steht: auf der Seite dieses verurteilten Verbrechers, dieses (wie es schien) von Gott und den Menschen Verlassenen. Der Gott Israels hat gesprochen und hat sich zu diesem Gehenkten bekannt - und nicht zu den Priestern und Oberpriestern, die im Namen Gottes Recht sprachen.
Ihr "Recht" war Unrecht. Indem Gott Jesus auferweckte, hat er gezeigt: nicht Jesus war der Verbrecher, sondern die sich zu Richtern aufwarfen. Es war ein grausamer Justizirrtum: sie haben den Sohn Gottes getötet.

In den Psalmen stand es, lange bevor Jesus lebte, schon geschrieben: "Der Stein, den die Bauleute verwarfen, er ist zum Eckstein geworden. Das hat der Herr vollbracht, vor unseren Augen geschah dieses Wunder" (Psalm 118,22 f.).

Die Auferstehung war das Gottesurteil in dem Prozess Jesu.

eine Radierung von Rembrandt - 'Der Auferstandene zeigt sich den Aposteln'

Ein Gottesurteil: der als Lügner und Betrüger verurteilte Jesus wurde dadurch rehabilitiert. Sein Anspruch, der Messias und Sohn Gottes zu sein, war doch keine Anmaßung und Lüge. Er wurde von Gott bestätigt.

 

Warum ich nicht "Auferstehung" sage

Sie sehen: die Auferweckung Jesu ist der Angelpunkt für die Bewertung Jesu, an ihr hängt alles.
Sie werden übrigens bemerkt haben, dass ich fast immer von "Auferweckung" Jesu spreche und nicht von "Auferstehung". Der Grund ist einfach. Weil ich hier konsequent die Auferweckung als Tat Gottes sehe, als "Gottesurteil" in der Streitfrage um Jesus. Ganz alte Schichten des Neuen Testaments gebrauchen das Wort "Auferweckung", z.B. der älteste Bericht überhaupt: 1. Korintherbrief 15,4.

Und noch ein Letztes: Ich meine, wie Gott bei Jesus gehandelt hat, so handelt er auch bei uns. Er hat Jesus nicht vor einem tragischen frühen Tod errettet, obwohl er sein geliebter Sohn war. Wie sollten denn wir eine Garantie haben, dass er uns vor jedem Unglück und Schicksalsschlag bewahrt, weil wir glauben, bei ihm eine gute Nummer zu haben? Gottes Liebe zeigt sich bei uns wie bei Jesus nicht darin, dass er uns unbedingt vor dem Tod errettet, sondern dass er uns aus dem Tod errettet. Ich meine, das haben die Christen noch viel zu wenig bedacht.

ein Sonnenaufgang mit Baum als Symbol des Ostermorgens - Bild entnommen aus 'freefoto.com'

Ihr Karl Neumann
neumann@glaubensinformation.de