62. Glaubensbrief - Juli 2011   PDF-Zeichen als PDF-Datei (144 kB)

Mein Glaube

Weshalb ich an Gott glaube, und nicht nur glaube, sondern mein ganzes Leben auf ihn baue, das ist folgende Erfahrung. Mein Leben ist nur ein kleines Intermezzo auf dieser Erde. Vor mir gab es unzählige Generationen, die mich nicht kannten, und nach meinem kurzen Gastspiel hier wird es wieder viele Generationen geben, die nicht einmal wissen, dass es mich gegeben hat. Woher komme ich? Wohin gehe ich? Welchen Sinn hat das gewaltige Schauspiel der Evolution, der entstehenden und vergehenden Arten auf diesem Globus, der entstehenden und vergehenden Sterne in diesem Universum?

Der Mensch: Ein verlorenes Staubkorn
in der Weite des Universums?

Gewiss kann man diese Fragen verdrängen. Kann man das Staunen verlernen. Kann man aus diesem kurzen Intermezzo auf der Erde herausholen, was herauszuholen ist. Kann nach dem Motto leben: „Freut euch des Lebens, solang noch das Lämpchen glüht“. Aber ist das nicht ein Trinklied? Muss man nicht schon ein wenig besäuselt sein, um sich mit dieser „Lebensphilosophie“ zufrieden zu geben?

Die Alternative

Wenn Du Dich damit nicht zufrieden geben kannst, gibt es im Grunde nur zwei Möglichkeiten. Entweder es gibt einen Gott, der mit einer unglaublichen Phantasie und Kreativität das alles gemacht hat, der Dich gemacht hat in einer Weisheit, die mit jeder Neuentdeckung der Wissenschaft immer erstaunlicher wird; der die Liebe selber ist und dem Du daher ganz vertrauen kannst. Oder - und das ist die einzige andere Möglichkeit - es gibt keinen Gott.

Dann ist die Welt ein Produkt von „Zufall und Notwendigkeit“ (J. Monod). Dann gibt es keinen überlegenen Geist, der den Lauf der Welt lenkt, der den Lauf Deines Lebens lenkt. Dann gibt es keine unendliche Liebe, der Du vertrauen kannst. Dann keine Hoffnung über den Tod hinaus. Wenn kein Gott ist, gibt es niemanden, zu dem Du in der Not schreien kannst. Niemanden, der Dein Schreien hört.

Die Konsequenz

Ich denke, viele Menschen sehen das ein und glauben in irgendeiner Form an ein höchstes Wesen. Hartgesottene Atheisten gibt es auch in unserem Land nicht allzu viele. Die meisten Deutschen glauben an Gott (nach einer ganz neuen Untersuchung sind es 58 %).

"Gottes-Bild" eines Schülers aus der 5. Klasse:
Ich stelle mir Gott wie einen Baum vor,
denn wir können bei Gefahren
von seinen Ästen aus alles sehen.
Falls Gefahr lauert, können wir uns zwischen
seinen Blättern verstecken. Gott kann auch
unsere Lasten und Sorgen mit seinen Ästen tragen.

Aber bedenken die „Gottgläubigen“ auch, was der Gottesglaube impliziert? Er bedeutet: Gott hat mich gemacht, ich bin sein Geschöpf. Ihm verdanke ich alles, selbst mein Dasein. Ich gehöre ihm. Er ist mein Vater und mein Herr. Es ist nicht so wie viele Zeitgenossen glauben. Sie halten Gott für einen nützlichen Diener, der ihnen bei der Verfolgung ihrer irdischen Ziele helfen kann. Den man braucht, wenn Not am Mann (oder an der Frau) ist.

Aber es ist umgekehrt: er, der Schöpfer der Welt, ist doch nicht mein Diener. Es wäre Frevel, ihn dazu zu missbrauchen. Sondern es ist umgekehrt: er ist der Herr, und ich darf ihm dienen. Nicht ich soll ihn für meine irdischen Ziele einspannen, sondern er möchte mich für seine göttlichen Ziele einspannen. Er ist die Sonne, um die sich alles dreht, auch mein kleines Ich. Nicht ich bin die Sonne, um die Gott sich drehen müsste. Welche Blasphemie wäre das.

Die Praxis

Was heißt das für Dich praktisch?
Ehre Gott als Deinen Herrn und Deinen liebenden Vater. Sprich oft mit ihm in Deinem Herzen, mit eigenen Worten oder mit geformten Gebeten. Am Morgen sollte Dein erster Gedanke der Gedanke an Gott sein, ebenso am Abend Dein letzter Gedanke. Dieses Gespräch mit Gott solltest Du Dir zur guten Gewohnheit machen; denn gute Gewohnheiten sind wertvoll. Neulich habe ich am Radio einen Tipp gehört: Setze Dich jeden Tag zehn bis fünfzehn Minuten hin und versuche an nichts zu denken. Versuche nur, innerlich still zu werden. Du wirst merken, wie Dir diese Stille gut tut.

Frage oft nach seinem Willen. Wenn Du Dein Leben planst, dann frage Dich auch, was sein Plan für Dein Leben ist, wie Du ihm und den Menschen am besten dienen kannst. Denn, wie gesagt, Du gehörst ihm.

Wenn Du das tust, kannst Du ihm auch Deine alltäglichen Sorgen anvertrauen. Keine Sorge und kein Anliegen ist zu klein für ihn. Jesus hat uns ja selbst gelehrt, um das tägliche Brot zu beten.

Es wäre noch vieles zu sagen, z. B. über die Nächstenliebe, die in ihrer Art genauso wichtig ist wie die Liebe zu Gott. Und über Jesus, den Sohn Gottes. Doch man kann in einem kurzen Glaubensbrief nicht alles auf einmal sagen. Was ich hier schrieb, ist das, was mich persönlich immer wieder vom Glauben überzeugt.

Euch eine erholsame und erlebnisreiche Urlaubs- oder Ferienzeit!

Euer
Karl Neumann