7. Glaubensbrief - Dezember 2006   PDF-Zeichen als PDF-Datei (115 kB)

Ein Schiff wird kommen...

Warten kann schön sein – wenn ein Kind auf Weihnachten wartet. Es kann aber auch nerven, wie das Warten beim Zahnarzt, oder das Warten auf den Zug, der mal wieder Verspätung hat. Es gibt ein Warten, das ist Zeit-Totschlagen. Eigentlich ein schreckliches Wort. Das Kostbarste, was wir haben: die Zeit, die schlagen wir tot.


Ein Schiff bringt mir den, der mich glücklich macht.

Worauf wartest du? Wartest du überhaupt auf etwas, oder auf jemand? Wie ein Mann auf eine Frau wartet, oder die Frau auf den „Mann ihres Lebens“. Ein alter Schlager singt von dieser Sehnsucht: „Ein Schiff wird kommen, und das bringt mir den einen, den ich so lieb wie keinen, und der mich glücklich macht“ (Nana Mouskouri).

Ist das kitschig? Und wenn schon – da singt ein Mensch, der wartet. Wartet auf das große Glück. Wir wissen alle, dass es so nicht kommt, aber es ruft eine Sehnsucht wach, die viele von uns spüren.

An der Quelle des Glücks leben

Immer noch besser als auf überhaupt nichts zu warten. Es gibt genug Menschen, die warten auf nichts und niemand. Sie sind mit ihrem kleinen Leben zufrieden, weil sie kein größeres kennen. Sie genießen den Tag, solange sie noch genießen können. Denn sie ahnen schon, wie ihre Zukunft aussieht, auch wenn sie nicht gern daran denken: Alter, Krankheit und Tod. Das dicke Ende kommt noch früh genug, was soll man darauf warten?

Möchtest du so leben? Ich nicht. Aber gibt es denn eine andere Möglichkeit? Es gibt eine andere Möglichkeit, die nüchtern mit dem „dicken Ende“ rechnet und es nicht verdrängt. Die aber weiß: Gott hält mich. Er hat mein Leben in der Hand, egal was kommt. Und auch im Sterben falle ich nicht aus seiner Hand heraus. Meine Zukunft heißt nicht: immer weniger werden und schließlich ganz verschwinden. Meine Zukunft, die Gott mir schenken möchte, heißt: unzerstörbar bei ihm leben – bei ihm, der Quelle des Glücks.

Warten ist nichts Passives


Lass dein Licht brennen...

Darauf kann man warten. Warten, wie ein Kind auf Weihnachten wartet, voller Vorfreude. Jesus hat es einmal in einem Bildwort so gesagt: „Legt euren Gürtel nicht ab und lasst eure Lampen brennen. Seid wie Menschen, die auf die Rückkehr ihres Herrn warten, der auf einer Hochzeit ist, und die ihm öffnen, sobald er kommt und anklopft“ (Lukasevangelium 12,35f) - Den Gürtel ablegen, die Lampen löschen: das tut man vor dem Schlafengehen. Jesus mahnt uns also, wach zu bleiben, wach zu leben. Warten und wachen, das hängt zusammen. Hier sieht man, dass Warten nichts Passives ist. Es heißt beileibe nicht: die Zeit totschlagen, bis „der Herr kommt“. Warten heißt vielmehr: wach sein für die Gegenwart. Die kostbare Zeit meines Lebens ausnützen. Und mich täglich bereit machen, dem Herrn zu öffnen, wenn er kommt und anklopft. Ja, wir leben im Advent, und der Advent dauert unser ganzes Leben lang.

Eine Adventszeit voll Vorfreude und ein frohes, gesegnetes Weihnachtsfest wünsche ich euch!

Euer Karl Neumann